Aktienrendite – Man säe nur,
man erntet mit der Zeit (Faust II)
Im Herzen der globalen Finanzmärkte stehen Aktien als eine der beliebtesten Anlageklassen. Für viele Anleger stellt sich nicht nur die Frage, welche Rendite sie von ihrer Aktieninvestition erwarten können, sondern auch, wie schnell die erhofften Gewinne eintreten. An dieser Stelle teilt sich die Investorenschar erwartungsgemäß in zwei Lager: In Investoren, die aus Dividenden ein verlässliches Einkommen erzielen möchten, Geduld aufbringen, aber Kursschwankungen vernachlässigen und Investoren, die hauptsächlich auf Kursgewinne abzielen. Unser Herz bei BlackPoint schlägt für beide Komponenten, allerdings möchten wir mit Aktienrückkäufen einen dritten primären Einflussfaktor auf die Aktienrendite beleuchten, der nicht selten verkannt wird. Alle drei Komponenten haben ihre eigene Dynamik, werden von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst und stehen in Wechselwirkung zueinander (Abbildung 1).
Dividenden
Viele Investoren, insbesondere diejenigen, die sich bereits im Ruhestand befinden, erwarten von Dividenden eine regelmäßige Einkommensquelle. Die Attraktivität einer Dividende wird oftmals durch die Dividendenrendite beurteilt, also dem Verhältnis von Ausschüttungen pro Aktie zum aktuellen Aktienkurs.
In stabilen Zeiten wird eine hohe Dividendenrendite oft als positives Signal gedeutet, da sie auf eine attraktive Entlohnung des eingesetzten Kapitals hinweist.
(Abbildung 2 – unterer Abschnitt).
In Krisenzeiten kann dieses Verhältnis trügerisch sein. Bei einem Marktabschwung fallen die Aktienkurse, erhöhen aber künstlich die Dividendenrendite, falls die ausgeschütteten Dividenden nominal gleichbleiben. Ein vermeintlich positives Signal – die hohe Rendite – wird so zu einem potenziellen Fallstrick. Das Unternehmen könnte finanzielle Schwierigkeiten haben, die sich noch nicht in der Dividendenpolitik niederschlagenEin in Krisenzeiten hoher oder stabiler Aktienkurs, gepaart mit einer attraktiven Dividendenrendite, muss im Rahmen eines permanenten Risikomanagements kritisch hinterfragt werden, da eine plötzliche Kürzung oder Streichung der Dividenden zu massiven Kursverlusten führen kann.
Eine in ihrer Tragweite häufig unterschätzte Komponente der Aktienrendite ist die Nachhaltigkeit von Dividenden. In schwierigen Marktphasen mag ein Unternehmen hohe Dividenden zahlen, um Investoren zu beruhigen und Vertrauen aufzubauen. Doch wenn diese Zahlungen auf Kosten von notwendigen Investitionen oder der finanziellen Stabilität des Unternehmens gehen, könnte dies langfristig kontraproduktiv sein und die Wettbewerbs- bzw. Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens schwächen. Fähigkeiten, auf die wir im Rahmen unserer Aktienanalyse und Selektion höchsten Wert legen.
Kursgewinne
Die Anziehungskraft von potenziellen oder auch tatsächlichen Kursgewinnen ist immens und sicherlich ein Hauptanreiz für viele Anleger, in Aktien zu investieren. Wie die Analysen des amerikanischen S&P 500 und des europäischen EuroStoxx 50 zeigen, sollten Aktienanleger ihr Augenmerk auf zwei Aspekte legen: Zum einen liefern Dividenden einen entscheidenden Beitrag zur Gesamtaktienrendite (Kursanstieg + Dividenden + Rückkäufe), zum anderen war die Dividendenrendite in Europa historisch gesehen höher als in den USA (Abbildung 2).
Kursgewinne (der reine Preisanstieg einer Aktie, ohne Berücksichtigung anderer Einkommensquellen wie Dividenden) unterliegen vielfältigen Einflussfaktoren. Zu den unternehmensspezifischen Faktoren zählen beispielsweise Finanzergebnisse, Produktinnovationen und Managemententscheidungen. Auch branchenspezifische Trends dürfen nicht missachtet werden. Entwicklungen in der Technologie führen selbst innerhalb von Sektoren zu Gewinnern und Verlierern bei Einzelaktien.
Makroökonomische Faktoren spielen perspektivisch vor allem mittel- bis langfristig eine bedeutende Rolle. Zinssätze, Inflation, Arbeitsmarktdaten und geopolitische Ereignisse können die allgemeine Marktstimmung und damit die Aktienkurse beeinflussen. Ein stabiles Wirtschaftsumfeld fördert das Vertrauen der Investoren, Unsicherheit führt hingegen zu Volatilität, oft begleitet von Verkäufen und Kursrückgängen.
Während Dividenden also regelmäßige und vermeintlich vorhersehbare Einnahmen erwirtschaften können, durchlaufen Kursgewinne erhebliche Höhen und Tiefen, abhängig von den oben genannten Faktoren.
Aktienrückkäufe
Aktienrückkäufe sind eine Komponente der Aktienrendite, die einer näheren Betrachtung bedürfen. Die unten aufgeführten qualitativen Faktoren sind in ihrer Wirkungsrichtung auf die Attraktivität eines Unternehmens nicht immer eindeutig bzw. augenblicklich einzuordnen. Die Berechnung des quantifizierbaren Beitrags zur Aktienrendite im Vergleich zu Dividenden oder Kursentwicklungen ist daher komplexer.
Als positive Auswirkungen von Aktienrückkäufen auf die Aktienrendite werden häufig genannt:
- Erhöhung des Gewinns pro Aktie: Durch die Verringerung der Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien steigt - bei gleichbleibendem Gewinn - der Gewinn pro Aktie, was den Aktienkurs wiederum positiv beeinflussen kann.
- Signalisierung von Unterbewertung: Ein Rückkauf kann als Zeichen des Managements gewertet werden, dass die Aktie aktuell unter ihrem wahren Wert gehandelt wird.
- Optimierung der Kapitalstruktur: Unternehmen können überschüssiges Kapital verwenden, um Aktien zurückzukaufen, insbesondere wenn sie keine attraktiven Investitionsmöglichkeiten sehen. Im Vergleich zu Dividenden kann dies auch steuerliche Vorteile für Aktionäre mit sich bringen.
- Erhöhung der Eigenkapitalrendite: Mit weniger ausstehendem Eigenkapital kann die Eigenkapitalrendite steigen, was das Unternehmen attraktiver für Investoren machen kann.
- Unternehmensstrategie: Neben der Abwehr von Übernahmen (weniger Aktien im Umlauf), Übernahme von anderen Unternehmen (z.B. durch Aktientausch) kann eine Imagepflege initiiert werden, indem z.B. rückgekaufte Aktien an Mitarbeiter zu Vorzugspreisen abgegeben werden.
Eine Berechnung der Aktienrückkaufrenditen im Zusammenspiel mit Dividendenrenditen für den amerikanischen S&P 500 sowie dem europäischen EuroStoxx 50 betont die Bedeutung für die Aktienrendite (Abbildung 3).
Trotzdem müssen Aktienrückkäufe auch kritisch betrachtet werden, da Unternehmen nicht selten versucht sind, kurzfristig ihre Finanzmetriken zu optimieren. Werden Rückkäufe durch den Einsatz von Liquidität oder Kreditaufnahmen finanziert, kann sich die finanzielle Flexibilität vermindern. Unternehmen schränken ihre Fähigkeit ein, unvorhergesehene Herausforderungen zu bewältigen oder in langfristige Projekte bzw. in Forschung und Entwicklung zu investieren.
Angesichts der Heterogenität der Faktoren stellt sich die Frage, wie wir bei BlackPoint Asset Management Aktienrückkäufe bewerten.
Die kurze Antwort lautet: Der gezahlte Preis ist entscheidend. Die ausführliche Antwort lautet: Der gezahlte Preis ist entscheidend. Da ein Aktienrückkauf in der Regel keinen neuen Wert schafft, werden durch den Rückkauf lediglich Werte zwischen verkaufenden und verbleibenden Aktionären übertragen. Wenn die Aktie unterbewertet ist, dann wirkt der Rückkauf von Aktien so, als würde man einen Teil der Nettobarerträge (abdiskontierte künftige Cash-Flows) mit Rabatt kaufen, Vermögen wird also vom Verkäufer der Aktien zum Käufer (dem Unternehmen oder den verbleibenden Aktionären) übertragen. Kauft ein Unternehmen überbewertete Aktien zurück, wird der Wert an die verkaufenden Aktionäre übertragen. Für uns als Vermögensverwalter ist also der Preis der Aktie entscheidend und bestimmt darüber, ob wir dem Engagement des Unternehmens positiv gegenüberstehen.
Fazit
Wie sinniert Mephisto in Goethes Faust: „Man säe nur, man erntet mit der Zeit“. Besser lässt sich die Wirkungsweise von Aktieninvestitionen nicht beschreiben. Manchmal müssen Anleger aufgrund der Dynamik im wahrsten Sinn des Wortes durch die Hölle gehen, werden aber bei ausreichend Geduld häufig mit Kurserholungen, Dividenden und Aktienrückkäufen belohnt. Aktienrenditen sind also ganz im Sinne von Mephisto eine „teuflisch“ wichtige Ertragsquelle.